Dein Stuhl sagt weit mehr über Deine Gesundheit aus, als Du vermuten würdest.
Wie sieht ein gesunder Stuhl aus und welche Faktoren sind relevant?
Zur Beurteilung des Stuhls gibt es mehrere Anhaltspunkte. Zuallererst einmal das Offensichtlichste: Die Konsistenz. Hierbei reicht die Skala von zu flüssig bis zu fest. Die meisten von uns haben leider schon das ein oder andere Mal erleben dürfen, wie sich ein Magen-Darm-Virus anfühlt. Das Ergebnis ist dann eindeutig – Die „Schädlingsbekämpfung“ soll so schnell wie möglich Wirkung zeigen und das geht am einfachsten in flüssiger Form und am besten sofort. Dies zeigt einen kurzfristig veränderten Stuhl. Für einen dauerhaft zu flüssigen Stuhl gibt es meist andere Gründe. Das andere Extrem zeigt sich durch einen zu festen Stuhl und damit stopfenden Eigenschaften. Eine optimale Konsistenz findet sich, wie so oft, in der goldenen (wohl eher braunen) Mitte. Und wenn dieser Zustand nicht gefunden ist, dann zeigt der Körper, durch den veränderten Stuhl, dass etwas nicht stimmt.
Ein weiterer Faktor ist der „Abgang“ des Stuhls in der Kloschüssel. Sinkt der Stuhl vollständig ab oder schwimmt er eher an der Oberfläche? Braucht es regelmäßig den Einsatz der Klobürste oder sind keine Hinterlassenschaften sichtbar? Dies sagt vieles über die Art und Weise aus, wie wir unsere Nahrung tatsächlich verdauen konnten.
Ebenso deutet der Geruch auf Erkenntnisse über die Resorptionsfähigkeit des Darmes hin. Wenn der Geruch eine fäulnisartige, schwefelige Komponente besitzt, werden meist die Proteine nicht gut aufgenommen. Wenn der Geruch eine säuerliche Note besitzt, dann ist dies ein Anzeichen für eine nicht optimale Verdauung von Kohlehydraten.
Ein gesunder Stuhlgang sollte folgende Eigenschaften besitzen:
Keine Schmerzen verursachen
Kein Blut hinterlassen
Ohne großartigen (muskulären) Druck vonstatten gehenEine weiche Konsistenz
Die Form einer Zigarre
Eine dunkelbraune Farbe
Möglichst keine sichtbaren Essensreste
Einen milden Geruch
In der Toilettenschüssel vollständig absinken (wie ein U-Boot :))
Möglichst keine Spuren hinterlassen
Mögliche Ursachen für einen veränderten Stuhlgang
Allgemein haben unsere äußeren und inneren Lebensumstände, wie beispielsweise das soziale Umfeld, unsere mentale und psychische Verfassung oder Stressbelastungen, einen großen Einfluss auf viele Mechanismen im Körper – so auch auf unsere Verdauung. Um eine ernsthafte Ursachenforschung zu betreiben, benötigt es ein umfangreiches Abbild der vorhandenen Symptome und der Lebensumstände. Daher ist mein Anspruch nicht Dir hier eine allumfassende Ursachenliste zu präsentieren, viel mehr möchte ich Dich auf die wichtigen „Schaltstellen“ in Deinem Körper aufmerksam machen. Sie haben einen großen Anteil an dem Zustand Deines verdauten Essens.
Und was kann nun nicht stimmen?
Die Verdauungsäfte sind nicht ausreichend
Die Bauchspeicheldrüse und Gallenblase mit Ihren so wichtigen Verdauungsenzymen und -säften sind für die Verdauung nicht wegzudenken. Wenn die Beiden eine physiologische Funktionsweise haben, wird zum richtigen Zeitpunkt eine ausreichende Menge an nahrungszersetzenden und -spaltenden Produkten dem Nahrungsbrei beigemischt. Dies ist wieder einmal perfekt aufeinander abgestimmt. Erst durch die entsprechenden Signale der vorangehenden Organe im Verdauungstrakt, werden Bauchspeicheldrüse und Gallenblase zum Dienst gerufen. Kommt es hier nun zu nicht optimalen Signalgebung und Signalempfang oder die Organe haben bereits ein voranschreitendes Problem, gibt es am Ende zu wenig Verdauungssäfte. Das kann sich im veränderten Stuhl zeigen. Auch hier gibt es Laborparameter, die das genauestens überprüfen können und eine hohe Aussagekraft besitzen.
Unsere Mitbewohner sind nicht die richtigen
Auch das Mikrobiom mit all seinen vielseitigen Bakterien, Viren und Parasiten, kann bei einer ungünstigen Verteilung ein verändertes Stuhlbild ermöglichen. Zu einem Großteil sind wir nämlich selbst verantwortlich, welche Mitbewohner in unserem Darm hausen. Schließlich ernähren und beeinflussen wir sie mit Allem, was wir zu uns nehmen. Das heißt nicht nur durch Nahrung, sondern auch beispielweise durch Medikamente, Toxine aus Rauch, Umweltgifte, etc..
Ballaststoffe haben einen extrem positiven Einfluss auf die Flora und entsprechend auf den Stuhl. Bestehen unsere Hauptmahlzeiten jedoch aus hochkalorischen und sehr stärkehaltigen Lebensmitteln, kann dies eine ungünstige Darmflora „heranzüchten“. Auch dies kann über Labordiagnostik bestimmt werden, um daraufhin eine angepasste Behandlung und Lebensstilveränderung einzuleiten.
Das Immunsystem ist im Dauerbetrieb
Du erinnerst Dich vielleicht noch an die flächenmäßige Dimension, die Dein Darm in einem vollständig ausgerollten Zustand hat. Die Fläche eines Fußball-Strafraumes benötigt eine optimale Abwehrreihe, damit sich die Angriffe auch eingrenzen lassen und die Kontrolle erhalten bleibt. Das Immunsystem in einem aktiven Zustand benötigt ständig Ressourcen und Energie, um aktiv zu bleiben. Muss das darmassoziierte Immunsystem nun im Dauerzustand eine Horde an fremden Eindringlingen abwehren, die uns nichts Gutes wollen, ist das Thema ordentliche Verdauung erstmal zweitrangig.
Unser strafraumgroßes Schutzschild zur Außenwelt hat zu viele Löcher
Ein weiteres, bereits bekannteres Syndrom ist das Leaky-Gut-Syndrom. Übersetzt heißt es so viel wie „durchlässiger Darm“. Per se ist es sinnvoll, dass unser Darm durchlässig sein kann. Sonst würden unsere so wichtigen Nahrungsbausteine und Mikronährstoffe nie bei den Zellen ankommen. Wie bereits zuvor erwähnt, spielt sich an der Darmbarriere einiges ab. Bei Eintritt des verdauten Speisebreis in den Dünndarm darf die Immunpolizei zuerst alles kontrollieren, bevor die einzelnen Stoffe tatsächlich hinter die Barriere gelangen und in das Blutsystem übergehen können. Wie so oft braucht unser Körper nach anstrengenden Tätigkeiten auch wieder Phasen der Ruhe, sonst droht auf Dauer die Überlastung. Auch hier zeigt uns die Evolution mal wieder: Kurzfristig ist der Mechanismus sehr sinnvoll, jedoch nicht in einem dauerhaft aktiven Zustand. Dies gilt auch für die Darmbarriere. Wenn wir ständig Essen, bestimmte Lebensmittel konsumieren oder auch vielen (psychoemotionalen) Stressoren ausgesetzt sind, wird die Darmbarriere teilweise löchrig und durchlässig. Dann kann es passieren das nicht nur die Nährstoffe des Käsebrotes ins Innere gelangen, sondern auch viel unkontrolliertes Material, wie Bakterien, Pilze und andere Umweltgifte von der Türklinke aus der Bäckerei. Das Immunsystem ist darüber so gar nicht erfreut.
Wie interpretierst Du nun das Ergebnis und welche Bedeutung hat dies?
Wie ich bereits im letzten Artikel beschrieben hatte, ist das Verdauungssystem ein aufeinander perfekt abgestimmter Prozess. Du kannst es Dir wie ein Orchester vorstellen, in welchem jede einzelne Person ihren Anteil zu einem vollen und runden Klangbild hat. Sobald eine Person einmal den Takt nicht perfekt trifft oder eine Note nicht optimal trifft, fällt das im Gesamtbild nicht auf. Häufen sich jedoch die Fehler und auch weitere Musizierende beginnen Fehler einzubauen, fällt das zunehmen auf.
Daher solltest Du Dich nun nicht jedes Mal nach Deinem Stuhlgang verrückt machen und in eine tiefgehende Analyse vornehmen. Viel wichtiger ist der mittel- bis langfristige Eindruck. Sollten sich Dinge manifestieren, die von der obigen Aufzählung doch deutlich abweichen, wäre ein Blick auf den Lebensstil oder eine echte Stuhlanalyse im Labor mit entsprechender Auswertung einer/eines fachkundigen BeraterIn sinnvoll. Sollten Probleme wie dauerhaft starke Schmerzen, Blutungen oder sonstige sehr ungewöhnliche Symptome auftreten, sollte dies auf alle Fälle mit einer/m Arzt/Ärztin abgeklärt werden.
Vom Ende zurück zum Anfang
Der Verdauungstrakt mit all seinen vielen Stationen ist und bleibt ein Wunderwerk der Natur und hat sich über die Jahrtausende bestmöglich an unsere Nahrung und unsere Umgebung angepasst. Während unsere vorangegangenen Artverwandten noch einen deutlich längeren Darm besaßen, aufgrund der extrem ballaststoffreichen Ernährung, ist unser Darm heutzutage bedeutend kürzer geworden. Grund dafür ist unsere Nahrung, die gekocht, zerkleinert und deutlich leichter verdaulich geworden ist - Natürlich nur mit einem gut funktionierenden Verdauungs-Orchester. Und genau dieses besteht aus den vielen Verdauungsorganen, die wir nun durch unsere Reise mit dem Käsebrot ein bisschen besser verstehen.
Lasst uns nochmal an den Anfang zurück spulen: After, Dickdarm, Dünndarm, Magen, … wo hat die Reise nochmals gestartet? Ach ja – genau, bereits im Mund wird einiges vorbereitet und verdaut. Da lohnt es sich eventuell genauer hinzuschauen: Warum die Gesundheit bereits im Mund beginnen kann…
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Lemay, D. G., Baldiviez, L. M., Chin, E. L., Spearman, S. S., Cervantes, E., Woodhouse, L. R., ... & Laugero, K. D. (2021). Technician-scored stool consistency spans the full range of the Bristol scale in a healthy US population and differs by diet and chronic stress load. The Journal of Nutrition, 151(6), 1443-1452.
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